Ein radikaler und konsequenter Aufruf für den Frieden: Das „Magdeburger Friedensmanifest“

Es ist ein radikaler und konsequenter Aufruf für den Frieden, das „Magdeburger Friedensmanifest“. Es ist eine generelle Absage an Gewalt, ohne Wenn und Aber. Es ist ein Aufruf zur aktiven Gewaltlosigkeit. Und es ist ein Signal auch an die evangelische Kirche, ebenso aber auch an alle Kirchen, Jesus auf seinem Weg des Gewaltverzichts in allen Lebensbereichen nachzufolgen und an einer zukünftigen Friedensordnung mitzuwirken.
Erste Grundlagen bereits im Vorfeld des Kirchentags durch viele Thesen und Anregungen entstanden, wurde das eigentliche Manifest beim Kirchentag auf dem Weg in Magdeburg in einer Friedenswerkstatt erarbeitet. Von Vertretern christlicher und nichtchristlicher Friedensverbände wie beispielsweise der Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF), der Evangelischen Arbeitsgemeinschaft für Kriegsdienstverweigerung und Frieden (EAK), dem Friedenskreis Halle, dem Forum Friedensethik der Evangelischen Landeskirche in Baden, Vertretern der Friedensarbeit in den Landeskirchen der EKD, Menschen aus der Friedensarbeit in Gemeinden und Kreisen, der Friedensbewegung oder Friedensgruppen. Gemeinsam wurden die Thesen ausgearbeitet, immer wieder auch von Anregungen aus Berlin vom dortigen Deutschen Evangelischen Kirchentag bereichert, die beim Stand der evangelischen Friedensarbeit auf dem Markt der Möglichkeiten gesammelt wurden.
Vom Kirchentag in Magdeburg, wo das Papier verlesen wurde, fand das Manifest seinen Weg nach Wittenberg in den Lutherhof. Den historischen Ort, wo vor 34 Jahren auf Initiative des damaligen Wittenberger Pfarrers Friedrich Schorlemmer bereits ein Schwert zur Pflugschar umgeschmiedet wurde. Und nun soll das Friedensmanifest seinen Weg weitergehen. In die Gemeinden, in die Kirchen, in die EKD. „Magdeburg wurde mehrmals in Kriegen zerstört. Wir wollen aus dieser Stadt heraus ein Zeichen des Friedens aussenden und weitertragen“, hofft Pfarrerin Eva Hadem, die Friedensbeauftragte der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland. Die Verfasser verstehen das Manifest als Diskussionspapier und freuen sich über Rückmeldungen.

In mehreren Thesen erhebt das Friedensmanifest seine Stimme für einen Weg zur Gewaltlosigkeit. So wird ein christlicher Pazifismus vertreten, der konsequent auf Gewalt verzichtet und für eine Kultur der  Gewaltfreiheit bei Fragen der Konfliktlösung und des eigenen praktischen Friedenshandelns eintritt. Politische Konflikte könnten nicht militärisch gelöst werden, daher müsse der Weg wegführen vom Vertrauen auf militärische Stärke, Abschreckung und Abschottung hinzu einer krisenpräventiven, friedens- und gerechtigkeitsfördernden Politik mit einem Vorrang für zivile Ansätze. Darum fordert das Manifest auf, dass künftig eine Friedenslogik statt militärischer Sicherheitslogik das Leitbild der EKD prägen soll.
Darum fordert das Manifest alle Landeskirchen auf, sich als Kirchen des gerechten Friedens ausschließlich für gewaltfreie Wege der Konfliktbearbeitung einzusetzen. So solle die Kirche ihren Mitgliedern empfehlen, weder beim Militär noch in der Rüstungsindustrie zu arbeiten, Militärkonzerten in Kirchen wird eine Absage erteilt, die Militärseelsorge soll abgeschafft und durch eine Soldatenseelsorge ersetzt werden. Die Rekrutierung Minderjähriger zur Bundeswehr wird abgelehnt, ebenso Werbemaßnahmen für den Soldatenberuf.
Scharfe Kritik äußert das Manifest an der Rüstung. Rüstungsproduktion und –exporte sollen eingestellt, eine Rüstungskonversion soll entwickelt werden. Eine Ächtung der Atomwaffen wird als wichtig erachtet, die letzten Atomwaffen in Deutschland sollen abgezogen werden.
Das Friedensmanifest postuliert eine Streitkultur, die Unterschiede aushält, Spannungen erträgt, den Dialog sucht, Versöhnung moderiert und sich gegen Menschenfeindlichkeit und Diskriminierung positioniert. In den Kirchen soll eine gewaltfreie, konstruktive Konfliktbearbeitung gelernt werden. Und es soll der Blick geweitet werden auf die Eine Welt. Dabei sollen nicht nur die Auswirkungen von
Krieg, Gewalt und Flucht, sondern auch deren Ursachen wie Verteilungsgerechtigkeit, globale, diskriminierende Wirtschaftsstrukturen und Machtverhältnisse Beachtung finden.
„Um Jesus auf seinem Weg nachzufolgen, verzichten wir als Christen auf Gewalt in allen Lebensbereichen, sei sie offen oder verdeckt. Wir sind bereit, bei Auseinandersetzungen Widerstand gewaltfrei zu üben und eigene Opfer zu bringen“, heißt es als Bekenntnis im Manifest. Schon heute soll nach den Grundsätzen einer künftigen Friedensordnung gelebt werden, auch, wenn ihre Verwirklichung noch ausstehe.
Denn: „Ohne Hoffnung gibt es keine Veränderung in Richtung auf Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung“.

„Wir wollen weg von der Vorstellung, dass Sicherheit und Frieden nur im Zusammenhang mit Militär zu erreichen ist. Wir brauchen ein Umdenken. Und wir wollen eine Friedens- und nicht-militärische Sicherheitslogik“, unterstreicht Stefan Maaß, der Friedensbeauftragte der Evangelischen Kirche in Baden.
Bonn/Magdeburg, 30. Mai 2017/dj

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