Wiltrud Rösch-Metzler: Gemeinsam auf dem Weg zum gerechten Frieden

Das Reformationsjubiläum hat vielerorts dazu geführt, das Gemeinsame der christlichen Kirchen wieder in den Blick zu nehmen. Dazu gehört „Gerechter Frieden“ als friedensethischer Leitbegriff  der katholischen Deutschen Bischofskonferenz (2000) und des Rates der EKD (2007). Für die internationale katholische Friedensbewegung pax christi sind aber auch die Dokumente des Weltkirchenrates inspirierend und wichtig. So war es für pax christi eine Freude, einen Vertreter des Weltkirchenrates bei der vom Vatikan und pax christi international erstmalig veranstalteten Konferenz „Gewaltfreiheit und Gerechter Frieden – Zum katholischen Verständnis von Gewaltfreiheit beitragen“ vom April 2016 in Rom mit dabeizuhaben.

Die Konferenz machte deutlich, dass die Gewaltfreiheit der Bibel in der katholischen Kirche wieder einen zentralen Stellenwert erhalten, die Lehre vom gerechten Krieg überwunden werden soll und gewaltfreie Praktiken zum Schutz von bedrohten Menschen vorangebracht werden sollen. Für pax christi kam das Angebot des Vatikans, diese Konferenz mit zu veranstalten, überraschend. Sie deutet einen Kurswechsel im Vatikan an. Während es über Jahrhunderte hinweg Versuche gab, gerechtfertigte von nicht gerechtfertigten Kriegen zu unterscheiden, wurde in Rom deutlich, dass kein Krieg zu rechtfertigen ist, betonte der südafrikanische Bischof Kevin Dowling und internationaler Co-Präsident von pax christi beim Katholikentag in Leipzig. Dabei machte er allerdings auch deutlich: „Wir sind nicht naiv gegenüber der großen Herausforderung, die ein solcher Paradigmenwechsel bedeutet. Auch wir wollen, dass bedrohte Gruppen und Bevölkerungen vor Gewalt geschützt und Aggressoren gestoppt werden. Die Frage ist: Wie werden sie gestoppt? Wie Papst Franziskus sagte: wir dürfen nicht glauben, der einzige Weg dazu seien Bomben. Es gibt Wege jenseits militärischer Interventionen und Luftangriffe, um gewalttätige Kräfte wie den Islamischen Staat, Boko Haram in Nigeria und Al Shabab in Kenia entgegenzutreten und sie zu schwächen.“

Der internationale pax christi-Präsident plädierte dafür, dass die Kirche Ressourcen für die Entwicklung kreativer neuer Wege bereitstellt, damit die Vision vom gerechten Frieden und aktiver Gewaltfreiheit eine Chance erhält, Kriege zu verhindern, sie einzugrenzen, wo sie bereits begonnen haben, und die grausamen Folgen von Krieg und Gewalt durch Heilung überwunden werden. Im Abschlussdokument der Rom-Konferenz wird gefordert, dass die Kirche mehr menschliche und finanzielle Ressourcen investiert, um eine Spiritualität und eine Praxis der aktiven Gewaltfreiheit  voranzubringen.

„Gott sei Dank lesen wir nun wieder das Neue Testament, hören die Bergpredigt und sind bemüht, dem Bogen des mutigen, friedensstiftenden Lebens Jesu zu folgen“,  schrieb der US-amerikanische Theologe Terrence J. Rynne für die Konferenz. Die Bergpredigt und die Dramatik des Lebens Jesu würden eine mehr als ausreichende ethische Richtschnur und Inspiration für das Friedensstiften bieten. Der US-amerikanische Theologe Eli S. McCarthy entwickelte beispielsweise eine Tugendethik des gerechten Friedens. Kirchengemeinden müssten in wirkungsvoller gewaltfreier Praxis ausgebildet werden. „Wenn wir Erfolge vorweisen können, werden die anderen auch den gewaltfreien Kampf gut finden“, warb Ogarit Younan, gewaltfreie Aktivistin in Beirut und Leiterin einer Akademie für Gewaltfreiheit im Libanon. Eine katholische Initiative für Gewaltfreiheit hat sich gebildet https://nonviolencejustpeace.net/ Die Texte der Konferenz von Rom wurden von der deutschen Sektion von pax christi übersetzt und werden als Impulseheft angeboten.

Papst Franziskus erhielt die Abschlusserklärung der 85 TeilnehmerInnen. Diese appellierten an ihn, eine Friedensenzyklika zu veröffentlichen. Seine Botschaft „Gewaltfreiheit: Stil einer Politik für den Frieden“ zum Weltfriedenstag am 1. Januar 2017 trägt bereits Züge davon.

Als die Vorsitzende des ÖRK-Zentralausschusses Dr. Agnes Aboum KirchenvertreterInnen bei der EKD-Tagung „How to become a just peace church – Gesellschaftlicher Wandel und Erneuerung der Kirche aus dem Geist des Gerechten Friedens“ in Berlin den WCC-Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens erläuterte, verwies sie auch auf Papst Franziskus und knüpfte an die Ergebnisse der Rom-Konferenz an. Der gemeinsame Weg zum „Gerechten Frieden“ geht weiter, wenn er immer wieder Anstöße aus den verschiedenen Kirchen erhält.

Wiltrud Rösch-Metzler ist Bundesvorsitzende der katholischen Friedensbewegung pax christi.