Appell des Internationalen Versöhnungsbundes/Deutscher Zweig zur Flüchtlingssituation

Fluchtgründe und Verursacherprinzip berücksichtigen!

Den Appell zur Flüchtlingssituation hat der Deutsche Zweig des Internationalen Versöhnungsbundes heute an Bundeskanzlerin Angela Merkel, Bundespräsident Joachim Gauck, die Fraktionsvorsitzenden im Bundestag sowie die MinisterpräsidentInnen der Bundesländer und an die Beauftragte für Migration, Flüchtlinge und Integration verschickt.

https://www.versoehnungsbund.de/2015-fluechtlinge

Ansprechpartner für dieses Thema sind:

  • Hans-Joachim Schwabe, Experte für Flüchtlingspolitik, Tel. 0216-32638, Mail hj.schwabe [aet] t-online.de
  • Christian Schamberg-Bahadori, Chirurg/Ärzte ohne Grenzen Tel. 0177-66 84 025, Mail schamberg [aet] ortho-mainz.de
  • Matthias-W. Engelke, Tel. 0031-77 32 61 346, Mail mwengelke [aet] t-online.de

     

Fluchtgründe und Verursacherprinzip berücksichtigen!

Appell des Internationalen Versöhnungsbundes, Deutscher Zweig,

1. Angesichts des bevorstehenden Winters ist es von höchster Priorität, den Menschen auf der Flucht winterfeste Unterkünfte und allgemeine Versorgung (Ernährung, Kleidung, medizinische Versorgung) zu garantieren. Dies ist umso dringlicher, als sich auch tausende Kinder auf der Flucht befinden.

2. Die Gefahr, dass weiterhin tausende von Menschen im Mittelmeer ertrinken, kann nur gemindert werden, wenn den Flüchtenden ein sicheres Transportsystem zur Verfügung steht. Dafür bieten sich zwei Alternativen an:
a) den Antrag auf Asyl auch in den europäischen Botschaften der Herkunfts- oder Transitländer von Flüchtlingen ermöglichen
b) freien Zugang nach Europa gewähren, wo dann über das über das Bleiberecht entschieden wird
Das würde die Schlepper Kriminalität unterbinden, das Sterben auf der Flucht verhindern - und weitere militärische Aktionen werden überflüssig.

3. Wichtig ist die Entlastung von Ländern, die wie z.B. Pakistan, Libanon und der Türkei die Hauptlast der Fluchtbewegungen tragen. Studien zeigen, dass die meisten Menschen versuchen, im unmittelbaren Umkreis ihrer Herkunftsländer zu bleiben. Wenn sie dort keine ausreichende Unterstützung und Versorgung finden, werden sie weiterziehen.

4. Bei den Verhandlungen um einen europäischen Lastenausgleich zur Versorgung der Flüchtlinge sollte neben der Bevölkerungszahl und Wirtschaftskraft der Mitgliedsländer auch das Verursacherprinzip berücksichtigt werden: Deutschland ist als weltweit drittgrößter Waffenexporteuer in erheblichen Ausmaß am Entstehen der Fluchtursachen beteiligt, die dazu führen, dass Menschen in ihren Herkunftsländern aufgrund von Krieg und Bürgerkrieg keine Überlebenschancen mehr sehen. Länder, die wie Deutschland einen hohen Anteil am Waffenhandel haben, müssen daher einen signifikant höheren Anteil am EU-Lastenausgleich tragen.

5. Weitere Fluchtursachen, die im Zusammenhang mit Lösungen für die derzeitige Flüchtlingssituation thematisiert und angegangen werden müssen, sind die Ausbeutung der armen durch die reichen Länder, unfaire Handelsbedingungen, die Unterstützung menschenverachtender Regime und Auswirkungen der Klimakatastrophe. Das kann u.a. beendet werden durch faire Preis- und Handelsbeziehungen, drastische Maßnahmen zur Verhinderung der Klimakatastrophe, Beendigung von Waffenexporten, aktive Friedenspolitik. Für uns ist die Konsequenz: Wir müssen unseren Lebensstil verändern, damit andere überleben können.

6. Die Politik in Deutschland wird bisher von Angst und einem militärgestütztem Sicherheitsdenken bestimmt. Flüchtlinge suchen Schutz – sie sind nicht gefährlich. Wir möchten alle Politikerinnen und Politiker ermutigen und einladen, dieses angstbesessene Sicherheitsdenken zu verlassen und zu einem friedenslogischen Denken zu gelangen. Die derzeitigen Herausforderungen können nicht gemeistert werden, wenn wir wie bisher auf eine immer stärkere Militarisierung der Flüchtlingspolitik setzen und versuchen, mit Waffengewalt gegen Flüchtlinge vorzugehen.