Thomas Nauerth: Verdammt noch mal – Anmerkungen zum Augsburger Bekenntnis/Confessio Augustana

„Der Dialog der letzten Zeit, die durch ihn erreichten theologischen Verständigungen (...) führen uns (...) zum Augsburgischen Bekenntnis zurück. Denn dieses Bekenntnis, das Basis und Bezugspunkt der  anderen lutherischen Bekenntnisschriften ist, spiegelt wie kein anderes in Inhalt und Struktur den ökumenischen Willen und die katholische Intention der Reformation.“ 1
Wenn ein Katholik, friedensbewegt und ökumenisch gesinnt, ermutigt von solcher Wertschätzung, im evangelischen Gesangbuch in dieser Confessio Augustana (CA) anfängt zu lesen, liest er im Artikel 16 als evangelische Bekenntnisaussage: ,,dass Christen ohne Sünde Übeltäter mit dem Schwert bestrafen, rechtmäßig Kriege führen und in ihnen mitstreiten können. (...) Hiermit werden verdammt, die lehren, dass das oben Angezeigte unchristlich sei.”
Als Pazifist inzwischen in seiner eigenen Kirche durchaus anerkannt, erfährt er hier bei den evangelischen Brüdern und Schwestern Verdammung. Und diese Verdammung gilt wunderlicherweise noch heute: „Verdammt“, das heißt: nachhaltig kirchlich ausgegrenzt werden (...) diejenigen, die bestreiten, dass es einem Christen erlaubt sei, als Soldat tätig zu sein.“2
Ein Blick aus dem evangelischen Gesangbuch hinaus, hinein in die Originalausgaben der CA lässt den Katholiken dann noch etwas entdecken. Ursprünglich, im 16. Jahrhundert, war er, der Katholik, gar  nicht gemeint. Verdammt wurden die „Wiedertäufer“, die solches behaupteten. Also nicht die wirren Brüder aus Münster, sondern die breite Schar der frühen gewaltfreien Täuferbewegung, die Nachfolge sehr ernst nahmen und insofern an der Bergpredigt nicht vorbei konnten. Solch explizite Verdammung konkreter Brüder und Schwestern (die Mennoniten z.B. verstehen sich als Nachfahren dieser Täufer)  war wohl ökumenisch peinlich geworden, also hat man im Gesangbuch das Wort Wiedertäufer gestrichen. Mit dem kolossalen Erfolg, dass nun nach evangelischen Gesangbuch alle Pazifisten verdammt sind.
Es scheint, es wird Zeit für Revision – und für eine wirkliche Entschuldigung. Bei den Täufern, deren Nachfahren und auch bei den anderen Schwestern und Brüdern, die man einfach so für verdammt erklärt, nur weil sie das Wort in Mt 26,52 wirklich lassen stahn: „Wer zum Schwert greift , wird durch das Schwert umkommen.“

1 Stellungnahme der Gemeinsamen Römisch-katholischen/Evangelisch-lutherischen Kommission
zum Augsburgischen Bekenntnis, 1980.
2 Wolfgang Huber, „Gewalt überwinden–eine Grundaufgabe der Kirche“ - Rede anlässlich der
Überreichung des Hanna-Jursch-Preises in Augsburg.

Anhang: