AGDF lehnt die Stationierung von US-Mittelstreckenwaffen in Deutschland ab
Die Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF) lehnt die geplante Stationierung von US-Mittelstreckenwaffen in Deutschland ab. Stattdessen ist es nach Ansicht des Friedensverbandes wichtig, alternative Ansätze zu militärischer Aufrüstung und Stärke bekannter zu machen. Dazu gehöre ein Umdenken und Umsteuern in der Sicherheits- und Friedenspolitik. Einen entsprechenden Beschluss fasste die Mitgliederversammlung der AGDF mit großer Mehrheit in Berlin-Spandau.
In ihrem Beschluss fordert die AGDF, dass sich der Deutsche Bundestag ausführlich mit dieser geplanten Stationierung von US-Mittelstreckenwaffen in Deutschland befasst und auch darüber entscheidet, dass sich die Bundesregierung mit Nachdruck und konkreten Aktivitäten für eine Rüstungskontrolle, eine nukleare Abrüstung und für eine internationale Ordnung einsetzt, wie sie auch in deren Nationalen Sicherheitsstrategie von 2023 festgeschrieben ist. Außerdem tritt der Friedensverband dafür ein, dass Politik, Zivilgesellschaft und Kirchen eine breite gesellschaftspolitische Diskussion zur Frage initiieren, wie Sicherheit und Frieden weltweit befördert werden können und welchen Beitrag Deutschland hierzu leisten kann und soll.
Dabei müsste in einer solchen Debatte nach AGDF-Auffassung die veränderte sicherheitspolitische Lage zu Beginn des 21. Jahrhunderts berücksichtigt werden. „Militärische Gewalt wird zunehmend und nicht nur von autoritären Regimen als Mittel zur Lösung von Konflikten verstanden; das zeigen die Interventionen der USA und verbündeter Staaten im Irak und der NATO in Afghanistan, das gilt für den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, für die Drohungen Chinas gegen Taiwan, aber auch für die Politik von Staaten wie Indien, Saudi-Arabien oder der Türkei und in zahllosen blutigen regionalen Konflikten. Weltweit rüsten Staaten ihr Militär auf“, heißt es in der Resolution.
Nach Ansicht der AGDF hat die Entscheidung, ab 2026 landgestützte US-Raketen und Marschflugkörper in Deutschland zu stationieren, weitreichende politische und militärische Folgen, ohne dass es bisher zu einer fundierten kritischen Diskussion darüber gekommen sei. So würde der Zweck der Stationierung nicht erläutert, auch sei diese Entscheidung nur bilateral, nicht aber von der NATO getroffen worden. Da zu dem diese Waffen nur in Deutschland stationiert werden sollen, befürchtet die AGDF, dass das Land damit verstärkt zu einem Ziel etwaiger russischer Angriffe werden könnte.
Der Friedensverband sieht diese Stationierung als Teil der seit 2017 umgesetzten Aufstellung von fünf sogenannten Multi-Domain Task Forces (MDTF) für eine weitreichende regionale Kriegsführung der USA. Auch würden diese Überschallraketen es ermöglichen, Ziele in bis zu 2800 Kilometern Entfernung mit kurzen Vorwarnzeiten zu erreichen, womit sich diese Mittelstreckenwaffen mehr als andere landgestützte Waffen für Überraschungsangriffe eignen würden. Und auch wenn diese Marschflugkörper derzeit nicht mit Nuklearsprengköpfen bestückt werden könnten und dies wohl auch nicht geplant ist, könnten russische Abschusseinrichtungen für Trägerraketen durchaus strategisches Ziel dieser US-Waffen sein, was nach Ansicht der AGDF die Gefahr einer Eskalation bis hin zu einem möglichen Nuklearkrieg erhöhe.
Insgesamt sieht die AGDF die geplante Stationierung als Teil der laufenden weltweiten Aufrüstung. Zudem bedeute sie ein Ende des faktischen Moratoriums für die Stationierung von Mittelstreckenwaffen. Nach Ansicht des Friedensverbandes sinken damit die Chancen für eine Wiederbelebung der nuklearen Rüstungskontrolle, auch werde die politische und militärische Konfrontation zwischen NATO und Russland verschärft. Dies umso mehr, als anders als beim NATO-Doppelbeschluss von 1979 diesmal die Stationierung nicht an Rüstungskontrollverhandlungen und eine Abrüstung der Gegenseite gekoppelt wurde, kritisiert die AGDF.
Die AGDF hält es daher für notwendig, dass alternative Ansätze zu einer militärischen Aufrüstung und deren negativen Folgen bekannter gemacht werden. Die Mitgliederversammlung der AGDF in Berlin-Spandau begrüßt daher nachdrücklich, dass der Friedensverband seit Frühjahr 2024 dem Kreis der weltweit mehr als 650 Partnerorganisationen der „Internationalen Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen“ angehört. Die AGDF betont hier den wichtigen Beitrag des UN-Atomwaffenverbotsvertrages zum internationalen Dialog über nukleare Abrüstung und fordert die Bundesregierung auf, das Atomwaffenverbot zu unterstützen.
Die Gegenstimmen zur Resolution wurden von zwei Mitgliedsorganisationen damit begründet, dass sie sich hier eine umfassende Analyse der Situation und eine deutlichere Benennung der Rolle autoritärer Regime wie Russland gewünscht hätten. Die Stationierung von Mittelstreckenwaffen in Deutschland wird von ihnen allerdings auch nicht befürwortet.
Die 31 Mitglieder der AGDF engagieren sich in den unterschiedlichen Feldern konkret für den Frieden in der Welt, unter anderem in Friedensbildung, Ziviler Konfliktbearbeitung und Krisenprävention, Friedens-, Versöhnungs- und Menschenrechtsarbeit sowie grenzüberschreitenden Fach- und Friedensdiensten. Die AGDF als Dach- und Fachverband der Friedensarbeit bündelt die Zielsetzungen und Erfahrungen und bringt sie in den politischen Diskurs ein.
Dieter Junker
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