AGDF-PM: Gefahren des Rechtspopulismus wahrnehmen und Gegenstrategien entwickeln

Die Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF) hat bei ihrer Mitgliederversammlung in Wetzlar auf die Gefahren eines wachsenden Rechtspopulismus hingewiesen, gleichzeitig aber auch die Notwendigkeit der Entwicklung von geeigneten Strategien unterstrichen, solchen Tendenzen zu begegnen, da Rechtspopulismus nach Ansicht des Friedensverbandes eine Gefahr für demokratische Grundwerte und demokratische Meinungsbildung darstellt.
„Die extreme Rechte und Rechtspopulistinnen und Rechtspopulisten sind eine bleibende Gefahr für unsere Demokratie. Besonders Verschwörungserzählungen, Antifeminismus und Antisemitismus nehmen zu. Es gibt inszenierte Tabubrüche. Rechtspopulistinnen und Rechtspopulisten wie auch Rechtsextreme treten heute nicht mehr nur in Springerstiefeln oder mit Glatzen auf, sie sitzen in Parlamenten, sie sind massiv in den sozialen Netzwerken unterwegs und wirken in der Mitte der Gesellschaft“, betonte Jutta Weduwen von der Aktion Sühnezeichen Friedensdienste in Wetzlar.
Eine Einschätzung, die Henning Flad von der Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche und Rechtsextremismus nur unterstreichen kann. „Rechtspopulisten verstehen sich als die einzigen und wahren Vertreter des Volkes, andere Positionen werden als falsch abgestempelt. Anders als Rechtsextreme betonen sie aber immer wieder ihre Verfassungstreue, obwohl sie demokratische Grundwerte wie Menschenwürde und Minderheitenschutz in Frage stellen“, so Flad in Wetzlar. Die Grenzen zwischen Rechtspopulismus und Rechtsextremismus seien aber fließend, machte er deutlich.
Abzugrenzen davon sei die „Neue Rechte“, die sich als eine intellektuelle Erneuerung rechter Ideen und Theorien verstehe, die aber auch antipluralistisch, elitär und antidemokratisch unterwegs sei, erläuterte Henning Flad auf der AGDF-Mitgliederversammlung, der aber ebenso betonte: „Alle drei Strömungen sind derzeit auch in der AfD vertreten.“ Seit mehr als sechs Jahren erfahre die rechte Bewegung Zulauf, die AfD sei hier ein Standort des Rechtspopulismus, aber nicht die einzige Ausdrucksform dieses Spektrums, meinte Henning Flad.
„Fand der Rechtspopulismus zunächst durchaus ein breites Echo, so hat die AfD und die rechte Bewegung im vergangenen Jahr deutlich weniger Zulauf in der Öffentlichkeit erfahren“, so der Projektleiter der Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche und Rechtsextremismus. Dennoch sei dies kein Grund zur Entwarnung: „Sie haben heute eigene Plattformen, sie sind nicht mehr unbedingt auf die klassischen Medien angewiesen“, mahnte Flad.
Was bedeutet dies für die Friedensarbeit und für die Friedensbewegung? „Es ist eine wichtige Aufgabe für Zivilgesellschaft und Kirchen in Netzwerken, mit Beratungs- und Bildungsangeboten, mit Informationen und eindeutigen Positionierungen präventiv und aktiv gegen Rechtsextremismus vorzugehen“, betonte Jutta Weduwen. Denn Rechtspopulismus bedeute eine Gefahr für das demokratische und friedliche Zusammenleben in der Migrationsgesellschaft, so die Geschäftsführerin der Aktion Sühnezeichen Friedensdienste.
Gleichzeitig wurde bei der AGDF-Mitgliederversammlung aber ebenfalls betont, dass rechtspopulistisches Denken auch in Kirchen Anhängerinnen und Anhänger findet, populistische Stereotype von Teilen der Friedensbewegung verwendet werden und dass es immer wieder auch zu Bündnissen von Teilen der Friedensbewegung mit Rechtspopulistinnen und Rechtspopulisten komme. „Wir müssen auch in unseren Kreisen darauf achten, wo Phänomene der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit auftauchen und Menschen populistisch argumentieren“, warnte Jutta Weduwen.
Nicht zuletzt deshalb sollen künftig hier auch Kriterien für Aktionen und Veröffentlichungen innerhalb der Friedensbewegung entwickelt werden, die die Friedensorganisationen für diese Gefahr sensibilisieren sollen. „Es wird dabei aber auch abzuwägen sein, ob ein Minimalkonsens wichtig ist, oder ob bestimmte Positionen eine Mitwirkung nicht möglich machen“, meinte Elvin Hülser vom Antikriegshaus Sievershausen. Dazu sei es aber auch wichtig, die eigene Arbeit immer wieder zu reflektieren, fügte er hinzu.
Ein anderer Punkt soll eine verstärkte Bildungsarbeit zu diesem Thema sein, forderte Christine Schweitzer vom Bund für soziale Verteidigung. Dazu würden Workshops, Veranstaltungen in Schulen, aber auch die Einbeziehung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer von Freiwilligendiensten gehören, die von ihren Erfahrungen berichten könnten.
Wetzlar war somit sicher ein Anlass für die weitere Arbeit an diesem Thema sowohl im Dachverband wie auch in den AGDF-Mitgliedsorganisationen. „In unseren Gremien gibt es schon einen Austausch über Praxisbeispiele gegen Rechtspopulismus und Rechtsextremismus, das ist bereits hilfreich“, betonte Christof Starke vom Friedenskreis Halle, der auch stellvertretender AGDF-Vorsitzender ist. Und Jan Gildemeister, der AGDF-Geschäftsführer, machte in Wetzlar klar: „Es ist in Wetzlar deutlich geworden, dass hier Bedarf an einer Weiterarbeit an diesem Thema besteht.“