AGDF unterschreibt offenen Brief "Aufnahme statt Abschottung!" der Initiative Seebrücke

Sehr geehrter Herr Bundesinnenminister Seehofer,
die humanitäre Situation an den Außengrenzen der Europäischen Union hat sich durch den Wintereinbruch und die Obdachlosigkeit vieler Geflüchteter dramatisch zugespitzt. Nach dem Brand im bosnischen Lager Lipa bei Bihać in Bosnien-Herzegowina leben hunderte Menschen nun bei Minustemperaturen und heftigen Schneefällen unter freiem Himmel. Auch die von den bosnischen Streitkräften nun errichteten Zelte reichen bei weitem nicht für die rund 1.000 Menschen aus, die ohne eine ausreichende medizinische Versorgung, warme Kleidung und Lebensmittel in der Gegend von Bihać in den Wäldern und leerstehenden Gebäudenleben. Vor allem aber bieten neue Lager keine adäquaten Unterbringungen, in denen die Menschen in Sicherheit und Würde leben können. Die Geflüchteten harren in der Hoffnung, über Kroatien in der EU einen Asylantrag stellen zu können, an der bosnisch-kroatischen Grenze aus. Es gibt gut dokumentierte Berichte von illegalen und gewaltsamen Push-Backs der kroatischen Polizei. So wird den schutzsuchenden Menschen an den EU-Grenzen ihr Recht auf einen Asylantrag verweigert. Diese Rechtsbrüche und humanitären Katastrophen an den Außengrenzen sind nicht hinnehmbar. Die Stadt Bonn gehört seit dem 26.09.2019 dem auf Initiative der Seebrücke gegründeten Bündnis Sicherer Häfen an. Die über 200 Städte und Kommunen, die dem Bündnis bereits beigetreten sind, zeigen damit ihre Bereitschaft, Menschen in Not zu helfen und mehr Geflüchtete aufzunehmen, als ihnen durch die Verteilungsquoten zugewiesen werden. Sie setzen ein Zeichen für die Achtung der Menschenrechte, eine menschenwürdige Unterbringung und gegen die Abschreckungspolitik der EU und ihrer Mitgliedsstaaten. In der „Bonner Erklärung zur Aufnahme von Geflüchteten“ des Bonner Stadtrats vom 05.11.2020 hat die Stadt Bonn der Bundesregierung bereits angeboten, bis zu 200 Menschen aus dem Griechischen Lager Moria aufzunehmen. Mit diesem Beschluss und dem Beitritt zum Städtebündnis Sicherer Häfen hat die Stadt sich bereits mehrfach für die kommunale Aufnahme von geflüchteten Menschen ausgesprochen.

Die aktuelle humanitäre Notsituation in Bosnien veranlasst uns zu der erneuten Aufforderung, die Unterbringung von Geflüchteten durch aufnahmebereite Kommunen, wie der Stadt Bonn, zu ermöglichen. Wir, als Teil der Bonner Zivilgesellschaft, sind überzeugt, dass die Abschottungspolitik der Europäischen Union und ihrer Mitgliedsstaaten der falsche Weg ist. Sie führt zu unermesslichem menschlichen Leid und einem Verrat an den vielbeschworenen „Europäischen Werten“. Wir fordern, einen anderen Weg einzuschlagen und auf Leid nicht mit Abschottung und dem Beharren auf einer europäischen Lösung zu reagieren, sondern die Rechte der Menschen ins Zentrum zu stellen und zu achten. Aus unserer Sicht bedeutet dies, die Menschen aus Lipa zu evakuieren und in Sicherheit und Würde unterzubringen.

Die Bonner Zivilgesellschaft ist bereit, ihren Beitrag dazu zu leisten.
Mit freundlichen Grüßen

Seebrücke Bonn

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