Iranischer Aktivist mit Fluchthintergrund ist nun als Konflikttrainer tätig

Konflikttrainerinnen und Konflikttrainer nehmen Konflikte wahr und versuchen, sie konstruktiv zu beleuchten. Der systemische Ansatz zur konstruktiven Konfliktbearbeitung, der sich A.T.C.C. („Approche et transformation constructives des conflits“) nennt, geht davon aus, dass ein Zugang zu der Ursache des Konfliktes gefunden werden muss, damit ein passender Weg gewählt werden kann, dass die Betroffenen dann selbst für sich sorgen können. Das Fränkische Bildungswerk für Friedensarbeit e. V. (FBF) in Nürnberg bildet solche Konflikttrainerinnen und Konflikttrainer aus, gerade erst wurde eine zweijährige Ausbildung wieder erfolgreich abgeschlossen. Und zu den neuen „A.T.C.C.-Trainerninnen und -Trainern in konstruktiver Konfliktbearbeitung und transkulturellem Lernen“ gehört auch ein iranischer Aktivist mit Fluchthintergrund, Kaveh Qasmi Kermanshahi.
„Seine Teilnahme hat die Ausbildungsgruppe sehr bereichert und mit seinem Hintergrund und seinen
Erfahrungen konnte er auch den anderen Teilnehmenden viel mitgeben“, so Petra Schachner, die Geschäftsführerin des Fränkischen Bildungswerks für Friedensarbeit. Und Kaveh Kermanshahi sieht es
ähnlich: „Es ist sehr wichtig, dass Menschen mit Fluchthintergrund die Teilnahme an einer solchen Ausbildung ermöglicht wird. Dies hilft beim Verständnis von verschiedenen Kulturen. Und wenn geflüchtete Menschen in den Prozessen mitwirken können und diese aktiv mitgestalten, wird nicht nur über sie gesprochen, sondern mit ihnen. Und das ist für alle ein Vorteil.“
Der 34-jährige Jurist stammt aus dem iranischen Kurdistan. 2011 flüchtete er, weil er aufgrund seiner Menschenrechtsarbeit verfolgt wurde. 2010 musste er bereits für vier Monate ins Gefängnis, eine weitere Haftstrafe drohte. In Kurdistan engagierte er sich für das Kurdistan Human Rights Network, er war dessen Sprecher und trat für die Rechte von Minderheiten, Frauen und politischen Gefangenen sowie gegen die Todesstrafe ein. 2011 wurde er als einer der Preisträger des Hellmann-Hemmat Award des Human Rights Watch ausgewählt.
Nach einem Jahr im irakischen Kurdistan wurde er von der UN-Flüchtlingsorganisation UNHCR als Flüchtling anerkannt und kam 2012 nach Deutschland. Hier engagierte er sich in seiner Community, er schrieb Artikel, hielt Vorträge in den USA, in Großbritannien, in den Niederlanden, in Italien, der Schweiz und in Deutschland zu den Menschenrechtsverletzungen im Iran, seit 2016 arbeitete er in einer Unterkunft für minderjährige Flüchtlinge als Betreuer. In diesem Jahr begann auch seine Ausbildung beim FBF als Konfliktberater.
Kaveh Kermanshahi ist seit 2017 Berater und Gruppenleiter beim Empowerment für geflüchtete LGBT und arbeitet beim Jugendamt als Betreuer in der Familienhilfe mit Menschen mit Fluchthintergrund. Im März dieses Jahres begann er mit einem Studium „Soziale Arbeit als Menschenrechtsprofession“ an der Alice Salomon-Hochschule in Berlin.
„In der Ausbildung in Kassel habe ich viele positive Effekte auf persönlicher wie beruflicher Ebene erfahren“, erzählt er. Durch diese Ausbildung sei eine bessere Analyse von Konflikten möglich, die Methoden würden auch bei der Arbeit mit Jugendlichen sehr helfen. Darum setzt er sich auch dafür ein, dass eine solche Ausbildung auch vielen anderen Migrantinnen und Migranten ermöglicht wird. „Für mich war dies die erste Erfahrung einer echten Integration in Deutschland, ein Start und eine neue Perspektive“, betont Kaveh Kermanshahi.
Das Fränkische Bildungswerk für Friedensarbeit e.V. hat sich mit anderen Organisationen im Qualifizierungsverbund für zivile, gewaltfreie Konfliktbearbeitung der Aktionsgemeinschaft Dienst für den
Frieden (AGDF)
mit anderen Friedensbildungsorganisationen zusammengeschlossen.
Im Oktober startet beim Fränkischen Bildungswerk für Friedensarbeit ein neuer, zweijähriger Ausbildungskurs.
„Da freuen wir uns natürlich auch wieder über Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit Fluchthintergrund“, so Petra Schachner. Eine weitere Ausbildung speziell für Menschen mit Fluchterfahrung bietet die KURVE Wustrow zusammen mit dem Friedenskreis Halle ab Herbst an. Um die Ausbildungskosten für Menschen mit Fluchthintergrund zu decken, ist das Bildungswerk auf Spenden angewiesen. Die Ausbildung von Kaveh Kermanshahi konnte über die Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF) finanziert werden.