PM: Internationale Freiwilligendienste spüren zunehmend die Auswirkungen der Corona-Pandemie
Die internationalen Freiwilligendienste spüren zunehmend die Auswirkungen der weltweiten Corona-Pandemie. Fast alle Freiwilligen, die im Ausland waren, mussten aus ihren Einsätzen zurückgeholt werden. Sogenannte Incomer*innen, die in Deutschland einen Freiwilligendienst absolvieren wollen, können aufgrund der Einreisesperre nicht einreisen oder mussten ihren Dienst frühzeitig beenden. Und die Aus- und Einreisen des neuen Freiwilligen-Jahrganges ab Sommern 2020 sind fraglich, und dadurch auch die Zukunft der Trägerorganisationen. Darauf weist die Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF) hin.
„Ein Freiwilliges Internationales Jahr setzt Reisemöglichkeiten und auch die Sicherheit der Freiwilligen voraus“, betont Jan Gildemeister, der Geschäftsführer der AGDF. Beides sei aber derzeit nicht oder nur bedingt gegeben, macht er deutlich. Die Folge: „Programme brechen zusammen, wir stellen zunehmend eine immense Belastung sowohl für Freiwillige wie auch Träger und ihre internationalen Partner fest. Dazu kommt, dass die Träger derzeit nicht wissen, ob und wie sie ihre Arbeit fortsetzen können“, so der AGDF-Geschäftsführer.
Eine Einschätzung, die Jutta Weduwen, die Geschäftsführerin von Aktion Sühnezeichen Friedensdienste, teilt. „Wir haben in den vergangenen 60 Jahren internationale Freiwilligenprogramme aufgebaut, die einen wichtigen Beitrag zur internationalen Verständigung, zum Frieden und zur Solidarität leisten“, so Weduwen, die betont: „Wenn die Einschränkungen durch Covid-19 weiterreichen und ab Sommer oder Herbst keine Freiwilligen- und Begegnungsprogramme stattfinden können, bedeutet dies eine Bedrohung für uns und für die gesamte zivilgesellschaftliche Trägerlandschaft. Laufende Kosten werden fehlenden Zuschüssen, Spenden und Kollekten gegenüberstehen. Die Träger werden ab Sommer noch dringender auf Rettungsschirme und Zuschüsse angewiesen sein.“
Die Träger der Internationalen Freiwilligendienste sind dabei sehr dankbar für die Kooperationsbereitschaft des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend wie auch des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. „Dies ist für uns sehr wichtig“, unterstreicht Stephan Langenberg, der Geschäftsführer von ICJA Freiwilligenaustausch weltweit. Dennoch seien die Träger in der kommenden Zeit wohl verstärkt auf staatliche Unterstützung und auf Spenden angewiesen, fügt er hinzu. „Über viele Jahrzehnte gewachsene partnerschaftliche Beziehungen stehen sonst vor dem Aus. Mehrere Partnerorganisationen mussten bereits Mitarbeitende entlassen“, macht Langenberg deutlich.
Neben den Organisationen und den Partnern sind aber auch die jungen Menschen, die sich derzeit auf einen Dienst im Ausland vorbereiten, verunsichert. Dazu gehört beispielsweise Maxim Limbächer, der einen Freiwilligendienst mit Aktion Sühnezeichen Friedensdienste machen möchte: „Ich weiß noch nicht, wie es jetzt weitergeht. Eigentlich soll ich Anfang September in die USA fliegen, um dort wohnungslose Menschen zu unterstützen. Doch noch ist das ungewiss“, berichtet er und meint: „Diese Unsicherheit ist ziemlich belastend, aber ich bin froh, dass ich bei der Aktion Sühnezeichen Friedensdienste Ansprechpartner habe, die mich in dieser Situation beraten.“ Gerade auch diese Unterstützungsangebote und Hilfeleistungen für die vielen Freiwilligen durch die Trägerorganisationen erfordern Ressourcen, auf die die Verbände jetzt dringend angewiesen sind und die wegzubrechen drohen.
„Freiwilligendienste leisten einen wichtigen Beitrag für mehr Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Umwelt. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind nach ihrem Freiwilligendienst wertvolle Multiplikatorinnen und Multiplikatoren für eine tolerantere, weltoffene Gesellschaft. Und das ist in Zeiten, in denen Rassismus, Ausgrenzung und Intoleranz wieder stärker werden, sehr wichtig“, macht AGDF-Geschäftsführer Jan Gildemeister deutlich. Und internationale Freiwilligendienste setzen in Zeiten, in denen nationale Egoismen zunehmend an die Stelle eines Multilateralismus treten, Signale der Solidarität in die Welt, fügt Gildemeister hinzu.
Ein Beispiel dafür ist Isabella Hans. Sie hat selbst einen Freiwilligendienst mit dem ICJA Freiwilligenaustausch weltweit in Togo geleistet. „Aufgrund dieser Erfahrungen, die ich da gemacht habe, war es mir wichtig, mich auch danach weiter gesellschaftlich zu engagieren und für eine weltoffene Gesellschaft einzusetzen“, macht sie deutlich. „Auch in Zukunft tragen diese Perspektivwechsel und Lernerfahrungen zu einem solidarischen Miteinander bei und sind für die Gesellschaft unerlässlich“, ist AGDF-Geschäftsführer Jan Gildemeister überzeugt.