Pressemitteilung - Internationale Freiwillige in Deutschland, Fachtagung zu gesellschaftspolitischer Relevanz und praktischer Durchführung

Internationale Freiwillige in Deutschland
Fachtagung zu gesellschaftspolitischer Relevanz und praktischer Durchführung
Bonn/Hannover, 15. Mai 2017:
Das Interesse an der Aufnahme von internationalen Freiwilligen, dem sogenannten Incoming, steigt stetig. Dies bestätigen die Dachverbände für In- und Auslandsfreiwilligendienste. Bei einer zweitägigen Fachtagung beschäftigten sich etwa 100 Vertreterinnen und Vertreter dieser Verbände in Friedrichsdorf bei Frankfurt/Main mit aktuellen gesellschaftspolitischen Fragestellungen in Bezug auf Incoming-Freiwilligendienste, besonders in Deutschland. Ziel war es, Chancen aber auch die  Herausforderungen einer Internationalisierung der Freiwilligendienste zu erkennen. Derzeit nehmen jährlich mehr als 2500 Freiwillige aus mehr als 100 Ländern aus der ganzen Welt an Freiwilligendiensten in Deutschland teil.

„Incoming-Freiwilligendienste sind wichtige Instrumente, um jungen Menschen die Möglichkeit zu geben, sich global zu engagieren“, unterstrich in Friedrichsdorf Dr. Sascha  Krannich. Studien würden zeigen, dass es wichtig sei, Räume zur Integration zu schaffen, machte der wissenschaftliche Mitarbeiter der Universität Siegen in einem Impulsvortrag deutlich. Sein Fazit: „Je besser eine Integration gelingt, desto stärker wird ein langfristiges transnationales Engagement der Freiwilligen und ein Bewusstsein für globale  Zusammenhänge gefördert.“
„Oftmals ist das soziale Engagement ausländischer Freiwilliger außerhalb der Einsatzstellen nicht bekannt“, bedauerte Markus Maurer von den Evangelischen Freiwilligendiensten der Diakonie Hessen. Und dies, „obwohl Incoming-Freiwilligendienste einen wichtigen Beitrag leisten können, bürgerschaftliches Engagement von Migranten und Migrantinnen in Deutschland sichtbar zu machen und Vorurteile abzubauen“, gab er zu bedenken. Wie wichtig dieser Beitrag sei, zeige sich gerade an den aktuellen, oft negativ konnotierten Debatten um die Aufnahme von Geflüchteten, machte Maurer deutlich.

Ein wichtiges Thema der Fachtagung war der Austausch zu Alltagserfahrungen der Freiwilligen in Bezug auf Diskriminierung und Rassismus sowie Formen pädagogischer Begleitung. „Es ist wichtig, sichere Räume und eine intensive pädagogische Begleitung für die Freiwilligen zu bieten, die oftmals nicht mit Anfeindungen rechnen, um ihnen Reflexionsmöglichkeiten zu eröffnen und ihr soziales Engagement anzuerkennen“, erläuterte Merel Fuchs, Pädagogin beim Träger IJGD Berlin.
 
Den Abschluss der Fachtagung bildete eine Gesprächsrunde mit Bundestagsabgeordneten und Vertreterinnen und Vertreter der beiden für die In- und Auslandsfreiwilligendienste zuständigen Bundesministerien für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSJF) sowie für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) über die Chancen und  Herausforderungen von Incoming. Dabei unterstrichen die Gesprächsteilnehmerinnen und -teilnehmer aus der Politik, dass der Einsatz von Freiwilligen hoch geschätzt werde.

Die beiden Mitglieder des Bundestagsausschusses für Familien, Senioren, Frauen und Jugend, Kordula Schulz-Asche von Bündnis 90/Die Grünen und Markus Koob von der CDU, zeigten großes Interesse an den Berichten der Tagungsteilnehmerinnen und –teilnehmer. „Es braucht gute Regelungen, um Incoming-Freiwilligen den Weg nach Deutschland zu ermöglichen und ihnen die Wahlfreiheit über ihren Lebensort zu gestatten“, machte Kordula Schulz-Asche deutlich. Und Markus Koob sah die interkulturellen Lernmöglichkeiten im Mittelpunkt: „Incoming bietet allen Beteiligten die Möglichkeit, positive und nachhaltige Erfahrungen zu machen, die im privaten und gesellschaftlichen Umfeld wirken“.

Incoming-Freiwillige würden als „Wohltäter“ in ihren Einsatzstellen agieren, sie setzten sich und ihre Zeit für einen guten Zweck ein und würden so ein Zeichen für inklusives,  solidarisches Handeln in globalen demokratischen Prozessen geben, betonten die Abgeordneten. „Ein Freiwilligendienst beginnt nicht erst in Deutschland, sondern bereits mit der Bewerbung und der Vorbereitung. Nach Beendigung des Dienstes“, machte Kordula Schulz-Asche deutlich und resümierte: „Darum spielen ehemalige Freiwillige eine große Rolle  bei einer langfristigen weltweiten Vernetzung der Zivilgesellschaften. Für all diese Bereiche sollten (mehr) Fördermittel zur Verfügung stehen“. Alle Beteiligten sprachen sich dafür aus, die Rahmenbedingungen für Incoming zu verbessern.
„Es gibt viele Gründe, warum Incoming-Freiwilligendienste in Deutschland so wichtig sind“, sagt Anja Wolff von ICJA Freiwilligenaustausch weltweit. Und sie erzählt: „Eine  Einsatzstelle aus Brandenburg rief mich gerade an und meinte, der aktuelle Freiwillige aus Nigeria hat durch seine bloße Anwesenheit u.a. beim Küchenpersonal ein Tor zum afrikanische Kontinent geöffnet und großes Interesse an seinem Land und dem Leben dort geweckt.“

Friedrichsdorf war eine Premiere. Erstmals hatten fünf Verbände, die Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF), der Arbeitskreis „Lernen und Helfen in Übersee“ (AKLHÜ), das Generalsekretariat des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), die Evangelischen Freiwilligendienst gGmbH und die Katholische Bundesarbeitsgemeinschaft Freiwilligendienste (Kath. BAG FWD), zu einer solchen Fachtagung eingeladen, an der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Trägerorganisationen, die Vertreterin einer Partnerorganisation aus Ungarn, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Einsatzstellen und ehemalige Freiwillige teilnahmen. Die Fachtagung „Internationale Freiwillige in Deutschland – Incoming im Spiegel praktischer Handhabung und gesellschaftspolitischer Entwicklung“ stand dabei unter dem Motto „Austausch, Vernetzung undPerspektivenerweiterung“.

Internationale Freiwilligendienste sind Teil der internationalen Jugendarbeit und unterstützen die Kampagne #internationalheart.

In Kürze erscheint eine Dokumentation dieser Fachtagung, die bei den ausrichtenden Verbänden dann erhältlich sein wird.

Weitere Informationen:
Jan Gildemeister, AGDF, Tel. 0228-24999-12
Tore Süßenguth, AKLHÜ, Tel. 0228-90899-24
Jessika Fritz, DRK – Generalsekretariat, Tel. 030- 85404-211
Daniela Puhrsch, Ev. Freiwilligendienste gGmbH, Tel. 0511-4500083-35
Rachel Eltrop, Kath. BAG FWD, Tel. 0221-8896-128