Pressemitteilung zum Studientag der Ökumenischen Konsultation Gerechtigkeit und Frieden

Friedensethische Herausforderungen sollen bei ÖRK-VV wichtige Rolle spielen
Die aktuellen friedensethischen Herausforderungen sollten nach Ansicht der Ökumenischen Konsultation Gerechtigkeit und Frieden bei der kommenden Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen 2022 in Karlsruhe eine wichtige Rolle spielen. Dazu gehören nach Auffassung der Teilnehmer eines virtuellen Studientages die atomare Rüstung, ethische Fragen der modernen Kriegsführung sowie ein solidarischer und gerechter Umbau des kapitalistischen Wirtschaftssystems.

„Es geht um die Bewahrung der einen Erde und es sind Herausforderungen, denen wir uns stellen müssen“, betonte Christine Busch, die Vorsitzende der Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF), die den Studientag, der in Kooperation mit der Evangelischen Akademie im Rheinland stattfand, moderierte. Und Jan Gildemeister, der AGDF-Geschäftsführer, machte deutlich: „Das sind Fragen und Themen, die nicht nur in Deutschland eine wichtige Rolle spielen.“

„Es sieht derzeit nicht gut aus, was atomare Abrüstung angeht“, bedauerte Professor Heinz-Günther Stobbe beim Studientag. Verträge würden gekündigt, Gespräche zwischen den Atommächten würden nicht stattfinden, die Waffen modernisiert. „Der Atomwaffenverbotsvertrag macht da ein wenig Mut, aber die Atommächte ignorieren ihn“, gab der Theologe, der bei der katholischen Bischofskommission Justitia et Pax tätig ist, zu bedenken. Darum sei es wichtig, dass hier die Kirchen ihre Stimme erheben würden.

Atomwaffen, aber auch die moderne Kriegsführung eröffnen neue ethische Fragen. Stichwort Cyberangriffe, autonome Waffen. „Soll hier Algorithmen die Entscheidung überlassen werden? Macht das einen Krieg führbarer? Wer entscheidet hier über Tod und Leben?“, fragte Michael Nann (Bonn), der Referent des EKDFriedensbeauftragten. Hier würden sich  zahlreiche friedensethische Fragen stellen, die von den Kirchen in die Diskussion eingebracht werden sollten. „Da ist eine Grundlagenforschung wichtig, aber auch eine  friedensethische Bildung“, so Nann beim Studientag.

„Wir brauchen einen grundlegenden Umbau unseres Wirtschaftssystems“, unterstrich Bernd Winkelmann (Kirchohmfeld) von der Akademie Solidarische Ökonomie. Die Erde werde durch die Rüstung bedroht, gleichzeitig aber auch ökologisch überlastet, und es gebe eine extreme Spaltung in Arm und Reich, konstatierte der Theologe. „Die Fragen nach den Ursachen führen zur Kapitalismusfrage“, so Winkelmann. Dabei brauche es eine solidarische Ökonomie. „Und hier haben die Kirchen aufgrund ihrer biblischen Botschaft eine wichtige Aufgabe“, so der Theologe.

Bei den Vertreterinnen und Vertretern aus dem ÖRK, die an dem Studientag teilnahmen, stießen die Anregungen der Konsultation dabei durchaus auf offene Ohren. „Der ÖRK kann hier eine Bühne für solche Fragen sein“, ist Anne Heitmann (Karlsruhe), Kirchenrätin der badischen Landeskirche und Mitglied des ÖRKZentralausschusses, überzeugt. Der ÖRK habe sich immer schon für eine atomfreie Welt eingesetzt, meinte sie. „Die Kirchen sind hier in diesen Fragen unterwegs“, so Heitmann, die aber, gerade, was ein gerechtes, solidarisches Wirtschaftssystem, Fragen von den Kirchen aus dem Süden erwartet.

Das sieht auch Professor Fernando Enns (Hamburg), mennonitischer Theologe und ebenfalls Mitglied des ÖRK-Zentralausschusses, ähnlich. „Eine solche Frage nach einer gerechten Wirtschaft sind auch eine Herausforderung für die Kirchen des Nordens“, gab er zu bedenken. Und auch in Sachen Atomwaffen sieht er auf die deutschen Kirchen kritische Fragen zukommen. „Der ÖRK hat hier schon lange klare Positionen. Aber wenn nun die Kirchen nach Deutschland kommen, dann werden sie schon fragen, wie denn die Kirchen hier im Land mit dieser Frage umgehen. Und das kann für manche Kirchen dann auch unangenehm werden“, meinte der Theologe.

Dabei machten die beiden ÖRK-Vertreter auch deutlich, dass es bei der Vollversammlung 2022 in Karlsruhe auch wichtig sein wird, dass es ums Zuhören geht auf die Themen, die die Kirchen in der Welt bewegt. Und auch um Demut der deutschen Kirchen, angesichts von Kolonialismus und der eigenen Rolle in dieser Frage, so Anne Heitmann und Fernando Enns.

Bonn, 23. Juli 2020/dj

Anhang: