PM: AGDF fordert von Politik und Kirche Konsequenzen aus gescheitertem Afghanistan-Militäreinsatz
Die Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF) hat von der Politik, aber auch den Kirchen klare Konsequenzen aus dem gescheiterten Militäreinsatz in Afghanistan gefordert. In einer von der Mitgliederversammlung in Wetzlar verabschiedeten Resolution forderte der Friedensverband, künftig endlich die Bedürfnisse der afghanischen Bevölkerung in den Mittelpunkt zu stellen.
In der Resolution fordert die AGDF die Bundesregierung und den Deutschen Bundestag auf, alle Menschen, die aus Afghanistan fliehen müssen, auch aufzunehmen und sich dafür einzusetzen, dass dies auch andere EU-Staaten machen. Ebenso sollten vorerst alle Abschiebungen nach Afghanistan ausgesetzt und die humanitäre Hilfe wie auch die Entwicklungszusammenarbeit fortgeführt werden, da Sanktionen derzeit zu Lasten der Bevölkerung gingen.
Daneben fordert der Friedensverband von der Politik diplomatische Bemühungen, um Einfluss auf die Taliban zu nehmen, um so die Situation der Bevölkerung zu verbessern. Ebenso sei im Auftrag des Deutschen Bundestags eine „kritische, ehrliche und möglichst unabhängige Bilanz“ zum deutschen Engagement in Afghanistan unter Beteiligung von Friedensforschungsinstituten erforderlich. Auch müssten schnellstmöglichst die anderen internationalen Kampfeinsätze der Bundeswehr beendet werden, außerdem sollten jene Einsatzkräfte, die unter posttraumatischen Belastungsstörungen leiden und ihre Arbeitskraft verloren haben, begleitet werden, so die AGDF.
Angesichts der zahllosen Opfer des Krieges, der 59 getöteten Soldatinnen und Soldaten der Bundesswehr, aber auch wegen der Kritik in der Bevölkerung und von Angehörigen der Bundeswehr an dem 20-jährigen Einsatz des westlichen Militärs in Afghanistan empfiehlt die AGDF dringend, auf das Zeremoniell eines Großen Zapfenstreichs zu verzichten und stattdessen eine kritische Gedenkkultur zu entwickeln.
Kritik äußert die AGDF aber auch an den Kirchen, die sich nicht zu einer eindeutigen und gemeinsamen Position zu diesem Militäreinsatz in Afghanistan hätten durchringen können, obwohl nach Ansicht des Friedensverbandes dieses Engagement offensichtlich den in der EKD-Friedensdenkschrift 2007 entwickelten friedensethischen Kriterien widersprochen habe. Vor allem fehle eine friedensethische Gesamtbewertung dieses Einsatzes, kritisiert die AGDF.
Der Friedensverband erwarte von Seiten der evangelischen Kirche nun eine kritische Aufarbeitung der kirchlichen Stellungnahme zu dem deutschen Einsatz in Afghanistan und wie die evangelische Seelsorge in der Bundeswehr hier ihre friedensethische Verantwortung wahrgenommen habe. Ebenso müsse es einen Diskurs zu der Frage geben, welche christlich begründeten Handlungsoptionen sich für eine „Kirche des gerechten Friedens“ im Blick auf andere und künftige Einsätze ergeben würden, damit die Kirche ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werde. Und schließlich fragt die AGDF an, welche praktischen Konsequenzen und Selbstverpflichtungen sich für die EKD als „Kirche auf dem Weg der Gerechtigkeit und des Friedens“ aus dem Afghanistan-Einsatz im Blick auf den Vorrang für Zivil und die professionelle Begleitung von Soldatinnen und Soldaten, die den Kriegsdienst verweigern wollen, ergeben.
Nach Ansicht der AGDF sind die Folgen dieses kriegerischen Angriffs vor 20 Jahren, der gegen die UN-Charta verstoßen habe, verheerend. Der Krieg habe nicht nur mehr als zwei Billionen US-Dollar und für den Bundeswehreinsatz mehr als 12,5 Milliarden Euro gekostet, er habe auch das Leiden der Menschen in dem Land verstärkt, Hass gesät und Konflikte unter den Volksgruppen Afghanistans weiter angeheizt. Die AGDF verweist dabei auf die mehr als 240.000 Opfer im Krieg zwischen 2001 und 2021, darunter auch rund 78.000 Zivilistinnen und Zivilisten. „Der Militäreinsatz bedeutet insgesamt ein Versagen der westlichen Politik“, heißt es in der AGDF-Resolution. Die vergangenen 20 Jahre hätten stattdessen bewiesen, dass militärische Einsätze keinen Frieden bringen würden. Dabei hätte es Alternativen gegeben, betont die AGDF und verweist dabei auch auf ein bereits 2008 von ihr vorgelegtes Papier. Nun sei die Situation der Bevölkerung in Afghanistan sehr schwierig und das Land drohe, Spielball machtpolitischer Interessen zu bleiben.